München, Residenz, Fischweiher des Residenzgartens

Kopie nach Matthias Kager, Ansicht des Fischweihers im Residenzgarten, Feder, laviert, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Vergleichsabb.: Carl di Cesare del Palagio, Wappenhaltender Löwe vor der Westfassade der Residenz, Bronze, 1593/1596
Putto mit Delphin (1603), ursprünglich am Fischweiher stehend, München, Residenz
Vergleichsabb.: Philipp Galle, Neptun, aus der Serie: Semideorum Marinorum Amnicorumque Sigillariæ Imagines Perelegantes, Kupferstich, 1586

Kategorien

Datierung

um 1600–1604

Weitere Angaben

Das Wasserbassin nahm, beginnend am Gartenpavillon, annähernd den gesamten hinteren Teil des Residenzgartens ein. Es war längsrechteckig, 15–20 m lang, mit einem eingezogenen halbrunden Abschluss zur südöstlichen Schmalseite des Gartens hin. Um 1604 erfolgte hier die Aufstellung von bedeutenden Bronzeskulpturen aus dem aufgegebenen Großen Stiftergrabprojekt (vgl. hierzu u.a. den Werkregistereintrag zum Kruzifix der Kreuzigungsgruppe) und der Figur der Tellus Bavarica in einer Exedra (vgl. im Einzelnen den Kommentar zu diesem Registereintrag und die entsprechenden Angaben unter Tellus Bavarica). Bereits um 1618 wurden die meisten Figuren in den neu eingerichteten Hofgarten versetzt, das Becken offensichtlich verfüllt und unter Aufstellung eines neuen Brunnens zu einem Gartenparterre umgestaltet.

Kommentar

Die Beschreibungen Hainhofers und insbesondere die HAB, Cod. Guelf. 23.3 Aug. 2° beigebundene Kopie der Zeichnung des Fischbassins von Johann Matthias Kager lassen diese Überlieferung zu der wichtigsten Quelle zur Gestalt des Fischweihers und der dortigen Skulpturenaufstellung werden. 1603 fand er bereits das Bassin vor, offensichtlich aber noch nicht die Ausstattung mit Bronzeskulpturen aus dem aufgegebenen Großen Stiftergrabprojekt (vgl. hierzu u.a. den Werkregistereintrag zum Kruzifix der Kreuzigungsgruppe) oder der Figur der Tellus Bavarica. Stattdessen erwähnt er vier gegenständige Wassereinläufe bzw. Springbrunnen und römische Büsten, die bald in der offensichtlich noch nicht vorhandenen Exedra an der östlichen Schmalseite ihre Aufstellung finden sollten. Möglicherweise war dieser Bau aber auch bereits ausgeführt und Hainhofer erwähnte 1603 nur die Antiken darin. Auch die blauweiße Pflasterung wird zum Teil bereits ausgeführt gewesen sein.

1611 und auf Kagers Zeichnung stellt sich die Situation dann folgendermaßen dar: Das Becken ist bei Kager umgeben von einer niedrigen Felsenumrandung, in der in regelmäßigem Abstand verschiedene Skulpturen von Seewesen und Putten aufgestellt sind, die auf ihren Köpfen ein einfaches Geländer und jeweils einen Pflanzkübel tragen; in der Regel wechseln sich weibliche und Fische haltende männliche Figuren ab, wobei sich aus den weiblichen Brüsten und den Fischmäulern Wasserstrahlen in das Becken ergießen. An der Ecke zur halbrunden Ausbuchtung am südöstlichen Ende des Beckens trägt der Putto eine Muschel als Wasserspeier. Auf Sockeln an den vier Ecken des Weihers sitzen große bronzene wappenhaltende Löwen, die ebenfalls Wasser speien und aus dem Grabmalprojekt Wilhelms V. (vgl. u.a. den Registereintrag zum Kruzifix der Kreuzigungsgruppe) herkommen (später vor die Durchgänge der Westfassade versetzt, s. Abb.). Ein unter anderem in den bayerischen Farben Weiß und Blau gepflasterter Steg unterteilt das Bassin. Hier sind exotische Pflanzen wie Kakteen und Agaven aufstellt. Den Eingang hierzu flankieren jeweils zwei fischhaltende Putten, die gegenwärtig im Königsbauhof aufgestellt sind (s. Abb., vgl. Ausst.-Kat. München 2015, S. 306–307, Kat.-Nr. 52 [Dorothea Diemer]). Der vordere Rand des Beckens ist nicht detailliert dargestellt und muss somit aus der übrigen Abbildung erschlossen werden. Am Kopfende des Bassins findet sich das Ensemble der Tellus Bavarica als kompositorischer und ikonographischer Zielpunkt der Anlage. Hainhofers Beschreibung setzt mit der gegenüberliegenden Tritonengruppe im vorderen Ende des Bassins ein: Zwei Meerwesen bändigen einen großen, wasserspeienden Delphin; diese nicht erhaltenen Plastiken sind in Kagers Zeichnung beide bärtig dargestellt, doch der Augsburger will einen „mettalline[n] mann vnd ain weib“ (1611, fol. 136r) erkennen, in der Schlussredaktion gefolgt von einer für ihn charakteristischen ‚gelehrten‘ Ergänzung, die in der früheren Textfassung in HAB Cod. Guelf. 11.22 Aug 2° noch nicht vorkommt: ein Vergleich mit den von Philipp Galle herausgegebenen Stichfolgen von Meeres- und Flussgöttern und von Nymphen Semideorum Marinorum Amnicorumque Sigillariæ Imagines Perelegantes von 1586 (Hollstein (Dutch & Flemish) 7, S. 78, Nr. 316–332) und Nimpharum Oceanitidum von 1587 (ebd., 7, S. 78, Nr. 299–315), die er einzeln aufführt. Es ist zu vermuten, dass er diese Bildfolgen kannte, doch lassen sich außer einigen grundsätzlichen Übereinstimmungen mit den Tritonen-Figuren in Kagers Zeichnung weder Hinweise dafür finden, dass einzelne Stiche eine Vorlage für die Tritonengruppe bildeten, noch dass eine der doch sehr spezifischen Meeres- und Flussgottheiten bzw. Nymphen in München gemeint war. Die von ihm erwähnten Satyrn auf Felsenbergen sind bei Kager nicht dargestellt, aber bei Pistorini 1644 (S. 168–169) an anderer Stelle im Garten als je eine männliche und eine weibliche Figur erwähnt (vgl. Ausst.-Kat. München 2015, S. 304–305, Kat.-Nr. 51A–B [Dorothea Diemer]). Möglicherweise übertrug Hainhofer deren Unterscheidung als Mann und Frau fälschlicherweise auf die Tritonengruppe. Die „kleine[n] neben berglen, mit spritzenden bilderen“ (1611, fol. 138r: kleine Grottenberge mit Brunnenfiguren) zu Seiten des Grottenbergs der Tellus sind ebenfalls nicht bei Kager vorhanden.

Befindet/befand sich in

München, Residenz

Schlagwörter

Vorkommen im Text

  • München 1603, fol. 136v: [...] / bildern gezieret, die Jn der höche stehn, / an disem ist ain schöner groser weÿer / mit Vischen, alles mit blew gefuetert, / vnd springen 4 röhrer gegen ainander / drein, oben herumb mit schönen [...]
  • München 1611, fol. 136r: [...] , zu end deß / gartens, ist ain schöner grosser fischweÿer mit / bleÿ gefüettert, stehent, anfangs vom gartten / an zu rechnen, auff felsen, ain [...]
  • München 1611, fol. 138r: [...] sonderlich wachsen Hüpsche erdbeer daran. Neben / dem grossen berg, Hat es kleine neben berg- / len, mit spritzenden bilderen; der weÿer ist / hinder dem grossen berg, mit ainer halb- / runden maur vmbgeben, gemahlet, vnd [...]
  • München 1611, fol. 138r: [...] stehen in der höhe, schöne Antichische brust: vnd / mettalline gantze bilder. V̈ber den weÿer / Hats ainen Creützgang, mit klainen welschen / blaw vnd weissen stainlen, weckenweis [...]
  • München 1611, fol. 138r: [...] pflästert, auf art der Baÿrischen wappen. / Jm weÿer schwimmen schöne große sälmling, lax: [...]
  • München 1611, fol. 138r: [...] / Seitenhalb dises weÿers, stehet ain runder / Saal, genant das Rundel, auf disem der [...]
  • München 1611, fol. 138v: [...] meil wegs von München Hin, das wasser / so in weÿr laufft, entspringt zu Thalkirchen. [...]
  • München 1611, fol. 222v: [...] vom Antiquario: vom Bellvedere / vnd grotten, vom weÿer, vnd der schönen per- / spectiuischen deckin im saal, alles in grund ge- [...]

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