Oberschleißheim, Altes Schloss Schleißheim mit Schwaige

Johann Ulrich Kraus, Schleißheim, Kupferstich, 8,2 x 14,2 cm, aus: Anton Wilhelm Ertl, Chur-Bayerischer Atlas, 1687, Taf. 42, Bayerische Staatsbibliothek, München

Anderer Name

Wilhelmsbau

Kategorien

Datierung

1598–1600 (Wilhelmsbau)

Weitere Angaben

In den Jahren 1598 bis 1600 ließ Herzog Wilhelm V. von Bayern in Schleißheim ein Herrenhaus von 44 Räumen umgeben von Ökonomiegebäuden und neun Einsiedeleien, die den neun Stationskirchen in Rom entsprechen sollten, errichten. Die am Übergang vom westlichen Dachauer Moos zu Münchner Schotterebene gelegene Schwaige Schleißheim mit einer Margaretenkapelle hatte der Herzog 1597 dem Freisinger Domkapitel abgekauft, bereits 1595 hatte er schon andere Gutshöfe in der Gegend erworben. Der Gutsbetrieb wurde weitergeführt und um ein Gestüt ergänzt. Bekannt war das Gut Schleißheim auch für die Produktion des von Hainhofer erwähnten Käses und von Weizenbier. Daneben war zudem ein Laboratorium für alchemistische Experimente vorhanden (vgl. die Personenregistereinträge zu Marco Bragadino, Christoph Schlichtinger und Gabriel Moraweiser).

Das in bescheidenen Formen gehaltene Schloss war dem landwirtschaftlichen Mustergut am östlichen Ende achsial eingefügt. Langgestreckte Trakte mit Ställen, Mühlen, Scheunen, Molkerei und Brauerei rahmten einen westlichen Hof (Wilhelmshof), dem ein kleinerer durch einen Tor- und Uhrturm, der älteste heute erhaltene Teil des Bauensembles, erschlossener östlicher Hof (Maximilianshof) mit dem von Hainhofer als Fürstenhaus bezeichneten Wohngebäude folgte. 1616 veräußerte der Herzog die Anlage an seinen Sohn Maximilian I., der den sog. Wilhelmsbau seines Vaters bis auf die Außenmauern in Terrainhöhe abtragen und an gleicher Stelle das heutige Alte Schloss erbauen ließ. Spätere Herrscher ergänzten die Gesamtanlage noch um das Neue Schloss und Schloss Lustheim.

Von der ursprünglichen Schlossanlage Wilhelms V. ist folglich wenig erhalten und vor allem das bekannt, was durch die Beschreibung Hainhofers von 1611 übermittelt wird. Er beginnt mit den neun Kapellen, die teilweise bereits vorhanden waren und von Wilhelm um aus Holz gefertigte Klausen ergänzt wurden, die in der Grotte von Wilhelms Stadtresidenz ihre Entsprechung hatten: Kapelle Unserer Lieben Frau und Klause, Kapelle und Klause St. Korbinian, Kapelle und Klause St. Margareta, Kapelle St. Franziskus und Klause, Kapelle St. Ignatius und Klause, Kapelle St. Renatus und Klause, Kapelle St. Nikolaus und Klause, Kapelle und Klause St. Jakob und Kapelle und Klause St. Wilhelm. Die Kapellen werden detailliert und vor allem mit zahlreichen antiquarischen Anmerkungen versehen dargestellt. Die Informationen dazu stammen sicherlich von Herzog Wilhelm selbst, der Hainhofer am Beginn seines Besuchs mit einem Memorial zu den Sehenswürdigkeiten Münchens und seiner Umgebung versehen hatte. Möglicherweise stellte er dem Augsburger auch weitere Literatur, wie Johann Mayers panegyrisches Gedicht auf den Grazer Besuch von 1607 (vgl. auch u.a. den Personenregistereintrag Kinder Wilhelms V. von Bayern) zur Verfügung. So benennt Hainhofer gleich zu Beginn den Vergleich der Kapellen mit den neun römischen Hauptkirchen, der eine Reminiszenz an die Rompilgerfahrt des Herzogs ist. Erst im Anschluss daran werden die eigentliche Schwaige und das fürstliche Wohngebäude beschrieben, bei Letzterem werden die „Farblosigkeit“ der Wandbehänge (außer in den Gastzimmern) und die Beschränkung auf religiöse Sujets der Gemälde in den Räumen betont. Die Einsiedeleien dienten Augustinern, Kartäusern, Franziskanern und Jesuiten zur Unterkunft, die Gebete und körperliche Arbeit zu verrichten hatten und von Wilhelm – im Gegensatz später zu seinem Sohn – gut versorgt wurden. Das Gesamtensemble aus Gutshof, ländlicher fürstlicher Wohnung, Eremitagen und Gartenanlagen, die Automaten unter anderem mit Figuren und religiösen Szenen enthielten, vollführte eine Symbiose von inszenierter und intensivierter religiöser Erfahrung, Kontemplation und ländlicher Betätigung.

Befindet/befand sich in

Oberschleißheim

Literatur

Vorkommen im Text

  • Eichstätt 1611, fol. 11r: Kommentartext
  • München 1611, fol. 171v: [...] auch, obwol nit gar geren, weil / nach Schleißhaim schon die anordnung auff / mich gemacht ware, geschehen lassen, vnd / mir erzehlet, was dises Schleißhaim für ei- / nen anfang bekommen, was es Sie gestan- [...]
  • München 1611, fol. 174v: [...] Schleißhaim ist auch aine Schwaig, hat in cir- / cuitu fast ain dreÿ meil wegs, vnd 9 Capelln, / [...]
  • München 1611, fol. 177v: [...] Freÿsing / zu ehren gebawet, dieweil Jhre Durchleucht dise Schwaig / auß demselben Stifft erkaufft haben. An disem / Altar ist S [...]
  • München 1611, fol. 177v: [...] Die dritte Capell ist Sanctae Margarethae Altar, das / were noch aine Schwaig von Alters hero also / genant, vnd ist nur die Clausen darzue kom- / [...]
  • München 1611, fol. 181v: [...] Die Neünde Capelln Sankt Wilhelm, ist in der Schwaig, / seine bildnuß am Altar [...]
  • München 1611, fol. 182v: [...] Auff der Schwaig oder Fürstlichen Sommer residenz, / sein dreÿ grosse Höfe, Jn ainem Hof rinnet die / Mosa [...]
  • München 1611, fol. 182v: [...] Jm baw sein vnden in ainer abseitten vnder- / schiedliche stuben vnd Cämmern, darin alles sauber [...]
  • München 1611, fol. 183r: [...] / gezieret . Jst ain grosses vnderkomen auf die- / ser Schwaig, vnd alle Zimmer voll eingerüstet. [...]
  • München 1611, fol. 184r: [...] geschenckt, / Es ist die vermuettung, Sie werden Jhme die / gantze Schwaig schencken. [...]
  • München 1611, fol. 184r: [...] Schwaig [...]
  • München 1611, fol. 184v: [...] Der Verwalter, ist auf diser Schwaig der für- / nembste officier [...]
  • München 1611, fol. 184v: [...] Alles Viehe, so an ietzo beÿ der Schwaig, ist alles / alda erzüglet, vnd das alte, so auß Schweitzer- / land kommen, abgkeret [...]
  • München 1611, fol. 184v: [...] Burgermaister / vnd president zu Dantzig geschickt vnd Jch / Jhrer Durchleucht auf die Schwaig verehrt habe , / [...]
  • München 1611, fol. 185r: [...] bin aber erst zwischen 2 vnd 3 vhr auf / die Schwaig kommen, vnd ist er mit mir / v̈beral herumb geritten, hat mich zue [...]
  • München 1611, fol. 185v: [...] . Vnder wegs, ligt die hofmarcks / Hofmarckhs / Feldmachung.feldmachungen , gar ain schön dorff, wel- / ches auch zur Schwaig gehört, vnd ist fast / [...]
  • Neuburg 1613, fol. 371v: [...] Es hat Schweitzer die disem Viehe wartten, vnnd / kees auf Schweitzer art machen. Jst aine feine / schwaig, aber gegen Schleißhaim, so dem Hertzog / Wilhalm in Baÿrn zugehört, nit zu vergleichen. / [...]

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